Aus den Walled Gardens der US-Clouds ausbrechen

Strategisch denken, Souveränität sichern: Die Loslösung von Cloud-Plattformen aus Übersee entwickelt sich angesichts des erratischen Verhaltens der neuen US-Administration zu einer existenziellen Notwendigkeit, um Risiken zu minimieren - insbesondere für deutsche KMU. Auch und gerade in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen.

Es ist eine unbequeme Wahrheit, aber mittlerweile selbst von den härtesten Cloud-Verfechtern nicht mehr zu leugnen: Die neue US-Administration unter Trump ist zu einem unkalkulierbaren, teilweise existenzbedrohenden Risiko für deutsche Behörden und Unternehmen geworden, die es sich über Jahrzehnte in den Walled Gardens US-amerikanischer Software-Giganten und Hyperscaler bequem gemacht haben.

Dabei ist es völlig egal, in welche Richtung wir schauen. Seien es Office-Programme, Betriebssysteme, CRM/ERP-Plattformen, E-Commerce, OS-Provisioning, Monitoring, Patching, Marketing-Tools, und nicht zuletzt Generative KI: Die schier unüberschaubare Anzahl an Services und Architekturen basieren auf Ökosystemen, die – realistisch betrachtet – außerhalb unseres physikalischen und juristischen Zugriffs liegen.

Das kann sich rächen. Spätestens dann, wenn die SaaS/PaaS-Anbieter plötzlich in den politischen Fokus rücken und Regierungen, die uns nicht wohlgesonnen sind, sich ihrer Macht bedienen, um zu erpressen oder zu schaden.

Und „make no mistake“: Auch wenn die gängigen Cloud-Anbieter europäische Dependancen und Offices haben und DSGVO-Konformität predigen, steht außer Frage, dass diese Firmen, wenn es hart auf hart kommt, selbstverständlich im Interesse ihres Herkunftslandes agieren wollen und müssen, denn so sieht es die Gesetzgebung vor. Der USA Patriot Act von 2001 beispielsweise, wenngleich teilweise ersetzt/ergänzt durch neuere Acts und Abkommen (Freedom, Safe Harbor), ist nach wie vor quasi ein Freibrief für Überwachung und Datenklau. Siehe auch “Schrems”.

Zudem könnte eine Regierung jederzeit auf die Idee kommen, durch regulatorische Kniffe, Gesetzgebung oder Zölle auf kritische Produkte und Dienstleistungen unliebsamen Kunden und Entitäten erheblichen Schaden zuzufügen, sei es durch steigende Kosten oder eingeschränkte Verfügbarkeit. Das wäre zwar ein riskantes und wirtschaftlich zunächst einmal unvorteilhaftes Vorgehen auch für die SaaS/PaaS-Anbieter, aber mit Blick auf das bisherige Verhalten der Trump-Administration erscheint es keineswegs abwegig, dass Deutschland noch manche teure Überraschung im Bereich der IT erlebt. Bedauerlicherweise hat selbst das BSI den Schuss noch nicht gehört, und strebt allen Ernstes in Sachen Cloud und Security eine Kooperation mit Google an.

Immer wieder: Murphy's Law

Ich wurde sowohl privat als auch beruflich von Kunden und Partnern für meine eher ablehnende Haltung gegenüber Microsoft, Google, Apple & Co. kritisiert. Ich empfand es jedoch schon immer als riskante Strategie, wenngleich kurzfristig sicherlich finanziell attraktiv und bequem, sich in einen Vendor-Lock-In zu begeben, der fast alle Bereiche des Computings umspannt. 

Was in den vergangenen Jahrzehnten noch undenkbar schien und als Satire oder Dystopie im Kino lief, hat uns in der echten Welt eingeholt: Ein erratisch agierender, egomanischer White Old Man beschafft sich einen der mächtigsten politischen Posten der Welt und stellt alle über Jahrzehnte gereiften Gesetze, Abkommen und Abmachungen in Frage, um den eigenen Forderungen - MAGA! - maximalen Nachdruck zu verleihen.

Und von Legislative, Judikative, Gewaltenteilung lässt sich die exekutive MAGA-Bruderschaft ganz offensichtlich nicht beeindrucken - ein Drogen konsumierender, “ungeschickt gestikulierender” Tech-Milliardär schafft DOGE-Fakten, während Richter und Gerichte sich erstmal langsam warmlaufen müssen.

Man betrachte das einmal aus dem Blickwinkel von Murphy‘s Law: Was eintreffen kann, wird eintreffen. Und ich spiele an dieser Stelle die unliebsame Unke und erwarte, dass uns die US-Abhängigkeit in Sachen IT in der einen oder anderen Form um die Ohren fliegt. Unschöne Szenarien gibt es durchaus:

  • Stark steigende Kosten
  • Executive Orders, die Regeln rund um Datenschutz und Datenhoheit aushebeln (Industriespionage)
  • Selektive Einschränkung der Verfügbarkeit von Services in bestimmten Ländern oder Regionen zwecks Erpressung
  • Einseitige, fristlose Beendigung von Vertragsverhältnissen mit unerwünschten Industrie-Teilnehmern, um den USA einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen
  • ...

Und jetzt, was tun?

Die Vogel-Strauß-Taktik der vergangenen Jahre hilft nicht mehr. Was hilft, ist die Ärmel hochzukrempeln und einen Plan zu entwickeln, um die riskantesten Abhängigkeiten zu reduzieren oder aufzulösen. Das bedeutet Aufwände und Umgewöhnung, ist aber unvermeidlich und garantiert langfristig die notwendige Souveränität, um das wirtschaftliche Überleben zu ermöglichen – gerade im KMU-Bereich.

Und es sei deutlich klargestellt: Es GIBT Alternativen, bei denen Datenhoheit und Unabhängigkeit garantiert sind - teilweise sogar aus Europa oder Deutschland. Sie sind aufgrund der Marktmacht der etablierten Cloud-Riesen nur kaum bekannt. Um ein paar wenige, plakative Beispiele zu nennen:

  • OnlyOffice (als Alternative zu Office365, setzen wir ein)
  • Grommunio (als Alternative zu Exchange)
  • OpenTalk (als Alternative zu Teams oder Zoom)
  • NextCloud (als Alternative zu Sharepoint/OneDrive, setzen wir ein)
  • Mattermost (als Alternative zu Slack, setzen wir ein).
  • EspoCRM oder Tryton (als Alternative zu SalesForce oder HubSpot)
  • ERPNext (als Alternative zu MS Dynamics)
  • Mistral.ai (als Alternative zu OpenAI und ChatGPT, setzen wir ein)

Einen viel größeren Katalog mit europäischen Alternativen aus allen möglichen Bereichen findet sich auf der Website european-alternatives.eu - unbedingt reinschauen (und staunen, was es alles gibt).

Ja, es wird schmerzen in mancherlei Hinsicht, die alten Abhängigkeiten zu lösen. Es wird Umgewöhnung, Entwicklungs-, Anpassungs-, Migrationszeit beanspruchen.

Aber: Die Herausforderung, digitale Souveränität zurückzugewinnen, ist nicht unlösbar – im Gegenteil. Der technologische Fortschritt und eine wachsende Zahl an innovativen, europäischen Alternativen bieten uns eine echte Chance, wieder die Kontrolle über unsere IT-Infrastruktur zu übernehmen. Wer heute anfängt, schrittweise Abhängigkeiten zu reduzieren und souveräne Lösungen zu implementieren, sichert sich nicht nur langfristige Unabhängigkeit, sondern auch mehr Flexibilität, Datenschutz und Sicherheit.

Wir bei intercorp. können hier breit gefächerte Hilfestellung geben - um Sie auf Ihrem Weg in eine unabhängige und zukunftssichere IT-Landschaft zu begleiten. Als erfahrene Software-Entwickler und System-Architekte bieten wir sowohl Beratung und Unterstützung, um informierte Entscheidungen zu treffen, als auch passende Lösungen: individuelle Module für existierende Plattformen, Schnittstellen, Integrationen, Migrationen – was immer nötig ist, um datengetrieben erfolgreich zu sein und zu bleiben.

Es ist höchste Zeit zu reagieren. Nicht aus Angst, sondern aus Überzeugung und mit strategischer Weitsicht.

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